Die Ansprache

 

Die jetzige politische Lage mit ihren scheinguten Moralisten erinnert mich an diese Erzählung.

Die Ansprache

„Grunz, grunz! Wißt ihr meine Freunde“, sprach das Schwein, „wir müssen eine moralische Erneuerung hervorbringen“ und suhlte sich dabei im Dreck.
„Keine Schweinereien mehr, kein Futterneid, wir müssen einen Mann stehen, alle hinter mir.“

„Rülps!“

„Wir müssen alle den Gürtel etwas enger schnallen und es soll doch jeder in diesem Saustall, äh, Hof meine ich, gleich behandelt werden, ohne jede Bevorzugung. Wir sind doch alle ehrlich und das meine ich ehrlich“, wobei er mit seinen kleinen Schweinsäuglein in die Runde blickte, um auf den tosenden Beifall seiner Schweinegenossen zu warten.

„Wir werden unseren Stall sauber halten, allen Unrat ausmisten und anderen vor … ich meine herauskehren. Habt keine Angst um eure Arbeit hier im Stall, ihr werdet weiter gemolken. Kein Metzger wird je wieder diesen Hof betreten, Euer Altenteil ist Euch sicher“.

-Grinsen in der Schweinemenge-

„Aber Ihr müßt natürlich jetzt schon mithelfen, so wie auch wir, diese Last gerecht und sozial zu verteilen“.

Pppffffff!, entfleuchte ihm ein Luftzug nach hinten.

Die Schweine stampften mit den Füßen auf den Boden und klatschten sich mit den Vorderbeinen auf ihre fetten Bäuche.

„Wir machen es ja nicht wie da links, die blöden Ziegen, die nur über unsere Vorschläge meckern. Wir, ja wir sind konstruktiv und meinen es gut mit euch. Wir hetzen nicht gegen unsere Mitbewerber. Dafür zeigen wir euch wo Recht und Ordnung ist. Dies tun wir alles nur für euch, unbestechlich gehen wir unseren steinigen Weg, lassen uns prügeln für unsere Selbstlosigkeit. Ach wir sind ja so gut“, schniefte das Schwein.

„Alle Vorwürfe und Anschuldigungen gegen uns, wir würden zuerst für uns und unsere Freunde sorgen, sind natürlich frei erfunden und vollkommen aus der Luft gegriffen.
Wir haben nicht so eine schlechte Moral wie die grünen Kuhärsche dahinten, die nur laut Anschuldigungen herausbrüllen können, um unsere weißen Westen zu besudeln“, wobei er sich ein paar Dreckborken vom Bauch pulte.

„Wir haben ein reines Gewissen und sind uns keiner Schuld bewußt.“
Alle Schweine bekräftigten diese Aussage mit so eifrigem Geschmatze, daß ihnen der Geifer aus den Mundwinkeln lief.

„Und, meine Freunde“, grunzte das Schwein weiter, „waren nicht wir es, die es soweit brachten, daß wir jetzt da stehen wo wir stehen? Wir haben Euch gegeben, was Ihr verdient und das wird auch so bleiben, das verspreche ich Euch, so wahr mir Gott helfe. Keiner von Euch wird mehr bekommen als wir, denn wir sind alle gleich. Es gibt keine Arten- und Rassenunterschiede, auch wenn Ihr dies glaubt.

„Wir schaffen Gesetze, die eindeutig sind, wir bringen Euch Eure Gleichheit, jeder bekommt seinen Teil.“
Dabei erhob es seine Vorderläufe über die Köpfe der Menge, als wolle es die Zuhörer segnen und ihnen die letzte Ölung geben.

„Hört meine Worte, ich sage die Wahrheit. Mein Herz ist rein und ohne Lüge, nicht so wie die räudigen Hunde rechts vor mir und in der Mitte, die immer nur dorthin laufen, wo es nach Futter riecht.
Ich bringe Euch das Recht, die Ordnung und die Freiheit die für Euch richtig ist, vertraut mir und meiner Mannschaft so wie wir uns vertrauen. Euer Leid wird bald ein Ende finden und Ruhe wird einkehren. Überlaßt uns Eure Sorgen und macht Euch frei. Wir wissen was für Euch gut ist.
Es ist zwar keiner vollkommen, aber keiner ist vollkommener als wir.
Ich danke Euch.“

– Tosender und frenetischer Applaus der Schweine –