Bedeutung von Mystik und Mysterien
Etymologisch sind die Mysterien wahrscheinlich auf das griechische myein = sich schließen (von Lippen und Augen) zurückzuführen. Das Wort ist ursprünglich ein Kultbegriff und bezeichnet die Geheimkulte im Gegensatz zu den Staatskulten.
Gegenstand fast aller Mysterien war der Mythos von einem in der Urzeit auf Erden erschienenen Gott sowie dessen Sterben und Auferstehen. Dieses wurde in dramatischen Riten „gespielt“, um das urzeitliche Geschehen zur kultischen Gegenwart werden zu lassen. Durch symbolische Handlungen wurden die Teilnehmer an den Mysterien in das Geschick des Gottes einbezogen, um ihnen das Heil zu vermitteln. Zutritt zu den Mysterien erhielt der ‚Suchende’ durch die Initiation (lat. initium = Eintritt), bei der er symbolisch sterben musste, um durch die Mysterien wiedergeboren zu werden.
Die Mysterien waren meist Ausdruck kosmischer Urerfahrungen, wie der Wechsel von Nacht und Tag (Tod und Widergeburt der Sonnengottheit; Geburt, Wachstum, Sterben, Aufenthalt im Totenreich und Auferstehung der Mondgottheit).
Die Kultgötter sind daher immer Vegetationsgottheiten, da mit dem Wechsel der Jahreszeiten der Rhythmus der Vegetation einhergeht.
Erst im Mittelalter bildet sich das Substantiv Mystik heraus als Name für eine überrationale, unmittelbare, teils visionäre Erfahrung des Göttlichen. Dieses religiöse Phänomen ist uralt und kann zurückverfolgt werden bis zu den Naturvölkern, bei denen Menschen durch Askese, Tanz oder Rauschekstasen die Verbindung mit höheren Mächten suchen. In den Hochreligionen ist das Ziel solchen Strebens die Erfahrung der „unio mystica“, der Einswerdung von Mensch und absolutem Sein.
Der Begriff Mystizismus dagegen bezeichnet eine intuitiv-irrationale Geisteshaltung, die durch unmittelbares Annehmen einer vermeintlich höheren Wahrheit Erkenntnisse sucht, welche weder in den Bereich religiösen Erlebens (Mystik) gehören, noch verstandesmäßiger Prüfung standhalten.