Der Gutmensch im Mantel eines Scheinguten

Von September bis Dezember 2015 kamen Tausende von Flüchtlingen in Deutschland an und wurden begeistert unter Jubelrufen mit Kuchen und Plüschtieren an Bahnhöfen empfangen. Ein Akt der Empathie?

Der Kognitionswissenschaftler Fritz Breithaupt hegt diesbezüglich Zweifel. Eine augenscheinliche Empathie war in vielen Fällen möglicherweise nichts weiter als eine Identifizierung mit den Helfern. „Sie haben sich gar nicht so sehr auf die Flüchtlinge direkt eingelassen, haben keine langfristigen Beziehungen und Freundschaften aufgebaut, sondern wollten sich als die Helfer sehen, als die Guten. Und das ist etwas anderes als Empathie.“ Dieses Erscheinungbild nennt man auch narzisstische Bewusstseinsstörung.

Ähnlich definiert es Norbert Bolz: „Gutmenschentum ist Narzissmus, der sich als Nächstenliebe maskiert.„

Viele Bürger an den deutschen Bahnhöfen applaudierten sich selbst als Teil eines Landes, das sich oberflächlich gesehen weltoffen und hilfsbereit zeigt. Man fühlt sich moralisch besser als andere. Ein typischer Fall von falscher, fehlgeleiteter Empathie, sagt Fritz Breithaupt, denn nicht die Flüchtlinge spielten hier die Hauptrolle, sondern die Helfer und die Applaudierenden. (Quelle: DLF vom 01.09.2017; 09:30 Uhr)

Diese Helfer und Mitläufer suchen Anerkennung und Ablass von einer Erbsünde, die man ihnen eingetrichtert hat. Hinzu kommt ihre Verlorenheit in einem Land, in dem sie zwar leben, mit dem sie sich aber nicht identifizieren können.
Gequält von Minderwertigkeitsgefühlen kommt es zu Übersprungshandlungen, die sich oft in einem Helfersyndrom äußern. Genau darum handelt es sich bei den meisten Klatschern. Sie geben zwar vor, den Flüchtlingen gegenüber Empathie zu zeigen, unterlassen dies aber in ihrem privaten Umfeld.

Im Gegenteil, sie urteilen Andersdenkende, in denen sie den Feind sehen, inquisitorisch ab. Erfolgt Kritik, ziehen sie sich gekränkt und unverzeihlich in ihr Schneckenhaus zurück. Sie akzeptieren niemals Kritik, denn sie sind vollkommen. Die geheuchelte Zuneigung der Klatscher ist nur eine Fassade, die sie gezielt den Gruppen oder Personen gewähren, von denen sie glauben, positive, sprich anerkennende Resonanz zu erhalten. Sie schließen sich daher gerne Organisationen und Gruppen von Helfern an, um sich in deren Dunstkreis zu suhlen und stark zu fühlen.

Ein guter Mensch würde wahre Empathie an den Tag legen, unabhängig von Person, Meinung und politischer Einstellung. Ein guter Mensch benötigt keine Ideologie, um zu helfen. Ein guter Mensch wertet nicht, fühlt sich auch niemals moralisch überlegen oder im Recht. Ein guter Mensch verzeiht und zollt seinen Mitmenschen gegenüber Respekt.

Doch die Klatscher und ihresgleichen, die Empathie nur heucheln, sind keine guten Menschen, sondern sogenannte „Gutmenschen“, oder besser „Scheingute“ (ähnlich dem Scheinriesen bei Jim Knopf), die sich moralisch überlegen fühlen und keine andere Meinung als die ihre zulassen. Um ihr Ziel zu erreichen, verlassen sie in Diskussionen gern die Sachebene und weichen auf die emotionale ab, werden beleidigend, unverzeihlich und überheblich.

Der Gutmensch als Scheinguter, eine der Schneeflockengesellschaft entsprunge Spezies, hat sich zu einem unliebsamen Zeitgenossen entwickelt, der mit seiner eigenen Moralvorstellung und Scheintoleranz penetrant missionieren geht und Bewusstseinshygiene betreibt. Es reicht ihm nicht, seine Moralvorstellungen zu vertreten, er verlangt uneingeschränkte Akzeptanz. Toleranz kennt er dabei keine, es geht ihm um die Vernichtung des Gegners, den er mit Totschlagargumenten niederzuknüppeln und mundtot machen möchte. In Wahrheit ist der vermeintlich allwissende Besserwisser bemüht, über seine mangelnde Argumentationsfindung hinwegzutäuschen.

Ein Gutmensch in der heutigen ausgeuferten Form, ist eine Person, die immer mit erhobenem Finger seine Mitmenschen dogmatisch auf die eigene Moral und Wertskalen einschwören will, ohne dabei Widerworte oder Gegenargumente gelten zu lassen.
Der Gutmensch lebt und pflegt seine dogmatische Ideologie hin bis zum Toleranzfaschismus, wobei er sich gerne den Mantel der Moral überstülpt, um darüber hinwegzutäuschen, dass in seinem Innern die Eiterbeule der Missgunst und des Hasses wächst. Ja, es sind die Gutmenschen, die am meisten hassen, denn sie hassen jeden, der eine andere Meinung vertritt.

Auch kennzeichnet den modernen Gutmenschen oft eine einseitige Auslegung der Sachlage, die er vehement verteidigt. Objektivität benötigt er ja nicht, denn er hat immer recht und Recht.
Fairness und Respekt sind ihm meist genauso fremd, wenn es darum geht, seine Ziele und Vorstellungen durchzudrücken.

Thomas Sowell nennt sie die “Gesalbten”. Zu ihnen zählt er die sogenannten Eliten in den Medien, in akademischen Einrichtungen und in der Politik. Das Hauptproblem mit ihnen ist nicht das moralische Problem an sich, das darin besteht, dass sie die breite Masse der Menschen, auch derer, die sie in Ämter gewählt haben oder ihr Gehalt aus Steuergeldern finanzieren, „unter sich“ wähnen. Das Hauptproblem ist ein praktisches, nämlich das, dass sie im Zuge ihrer Hybris oder ihrer Machtbesessenheit meinen, ihre Meinungen müssten per se richtig sein, sie bedürften keiner kritischen Überprüfung in der realen Welt, und Tatsachen könnten ignorieren oder bestritten werden, wenn sie nicht zur vorgefassten Meinung der „Gesalbten“ passen.

„Und so kommt es, dass sich „Gesalbte“, die meinen, eine Positivauslese der Menschheit darzustellen, – moralisch und praktisch – als Negativauslese erweisen, die um des „Guten“ willen kompromisslos sind und das Glück und Wohlergehen des „Restes“ der Menschheit zu opfern bereit sind, oder anders ausgedrückt: Menschen, die sich für besonders menschlich halten, neigen mehr als andere dazu, sich unmenschlich zu verhalten, und sei es nur, weil sie andere de- oder infrahumanisieren.“ (Quelle: Dr. habil. Heike Diefenbach)

Und dazu gehört natürlich nicht zuletzt die Hagiographie von Kanzlerin Merkel, die sich in ihrem Heiligenschein ungehindert sonnt.

So verfällt der Narzisst der Hybris und entwickelt sich zum Gutmenschen, der sich  als Scheinguter und Heuchler entpuppt.

Um dieser Deutung entgegenzuwirken, benutze laut „Welt 24“ vom 23.03.2015 „kein zurechnungsfähiger Mensch mehr“ dieses Unwort des Jahres 2015. „Gutmensch sagen eigentlich nur noch Nazis und Idioten ohne sprachliches Feingefühl“, so Welt24.

Da beschleicht mich doch der Verdacht der Kritikunfähigkeit, die mit Totschlagargumenten andere Meinungen unterbinden will und den Kritiker als Idiot und Nazi diffamiert.

Entsprechend ist der US-amerikanische Psychiater Prof Dr. Rossiter der Meinung, ein Gutmensch leide unter einer Psychose. Rossiter geht davon aus, dass das öffentliche zur Schau gestellte Gutmenschentum nur als psychologische Krankheit verstanden werden kann. Gutmenschen sind dabei durchaus „pathologisch und folgen alle den Idealen ihrer fixen Idee, welche sie als ihre eigene Meinung ausgeben. Wenn Gutmenschen die Möglichkeit erhalten, sind sie gegenüber ihren Gegnern weitaus totalitärer als das, was sie vorgeben zu bekämpfen“, so Rossiter.

https://www.nzz.ch/panorama/alltagsgeschichten/warum-ein-gutmensch-kein-guter-mensch-ist-1.18676154

Gutmenschen leiden unter einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung, die auch ihren Drang erklärt, ständig nach Bestätigung zu suchen. Kritik vertragen sie nur schwer. Deshalb hassen sie alle, die es wagen, ihre Denkweise, ihre Ideologie und ihr Handeln zu kritisieren.

„Im Hintergrund leiden Narzissten unter einem niedrigen Selbstwertgefühl, einer ausgeprägten Kritikempfindlichkeit und Versagensängsten. Betroffene sind stets auf die Bestätigung von außen angewiesen, um das eigene Selbst und ihr Wohlgefühl zu stabilisieren“, berichtet Prof. Sabine Herpertz von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) in Berlin.

Bereits 1994 beschrieb Richard Bernstein den negativen Einfluss Pseudoguter als Diktatur des Gutmenschen.

Die Diktatur der Gutmenschen – Ein 1994 veröffentlichtes Buch, das verstört

Doch nicht genug damit, 1971 schrieb Gerhard Szczesny in seinem Buch „Das sogenannte Gute“ über die fehlgeleitete Ideologie der Gutmenschen.

Und viel früher war es Jesus, der „Gutmenschen“ kritisierte und sie Heuchler nannte.

Matthäus 6: 1 Habt aber acht, dass ihr eure Gerechtigkeit nicht übt vor den Leuten, um von ihnen gesehen zu werden; ihr habt sonst keinen Lohn bei eurem Vater im Himmel. 2 Wenn du nun Almosen gibst, sollst du es nicht vor dir ausposaunen, wie es die Heuchler tun in den Synagogen und auf den Gassen, damit sie von den Leuten gepriesen werden. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt. 3 Wenn du aber Almosen gibst, so lass deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut, 4 auf dass dein Almosen verborgen bleibe; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten. 5 Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht sein wie die Heuchler, die gern in den Synagogen und an den Straßenecken stehen und beten, um sich vor den Leuten zu zeigen. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt.

Lukas 18:19 Jesus aber sprach zu ihm: Was nennst du mich gut? Niemand ist gut als nur einer, Gott. 

Konfuzius: Der Meister sprach: »Jene ehrbaren Leute im Lande sind Räuber der Tugend. Es gibt eine Sorte von Frommen, die in der ganzen Gegend im Ruf von Guten und Gerechten stehen: diese Sorte ist es, welche jeden geistigen Wert im Keim erstickt.

Und Francis Bacon erkannte richtig: „Heuchelei ist nichts weiter als die Lebensweisheit der Kleinmütigen“ 

Quod erat demonstrandum.