EU-Gipfel 28./29. Juni 2018

Nach zwölfstündigen zähen Verhandlungen hat man sich in Brüssel geeinigt und eine Absichtserklärung verfasst. Doch ohne den Druck aus Italien, Österreich, Polen und Bayern wäre es sicherlich nicht zu diesen geplanten Verschärfungen in der Asylpolitik gekommen. Es bleibt abzuwarten, wann tatsächlich die Umsetzung der folgenden Beschlüsse erfolgen wird.

Was wurde beschlossen?

1. Einrichtung geschlossener Aufnahmelager für gerettete Bootsflüchtlinge in Ländern, die sich freiwillig dazu bereiterklären. Albanien und Mazedonien haben dies bereits kategorisch abgelehnt.

2. später sollen diese auf Staaten verteilt werden, die freiwillig mitmachen.

3. Sammellager in Nordafrika errichten, die jene Flüchtlinge aufnehmen, die über das Meer nach Europa wollen. Jedoch erklären sich Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen und Ägypten nicht dazu bereit. Wahrscheinlich müssen hier erst Überzeungsgelder fließen.

4. Flüchtlinge dürfen nach einem bereits gestellten Asylantrag in einem Staat nicht noch in ein anderes Land reisen und dort einen weiteren Antrag stellen. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) spricht von Sekundärmigration insbesondere dann, wenn einer Person, der bereits in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union internationaler Schutz zuerkannt worden ist, nach Deutschland weiterreist und dann einen weiteren Asylantrag stellt.

5. Kein Asylbewerber dürfe sich nach eigenem Gutdünken einen EU-Staat aussuchen.

6. klare Richtlinien für NGOs und deren Rettungsschiffe, die im Mittelmeer Flüchtlinge bergen.

7. Verstärkung der EU-Grenzschutzbehörde Frontex bis 2020.

8. Außerdem wurde eine Verlängerung der Sanktionen gegen Russland um weitere sechs Monate beschlossen.

9. Die Auszahlung der nächsten drei Milliarden für Erdogan wurden zur Flüchtlingsbekämpfung bewilligt. https://www.afp.com/de/nachrichten/26/eu-gipfel-beschliesst-auszahlung-von-naechster-tuerkei-tranche-fuer-fluechtlinge-doc-16u0f64

Den ganzen Wortlaut hier: http://www.consilium.europa.eu/media/35936/28-euco-final-conclusions-en.pdf

Allerdings sind diese Beschlüsse, die nichts mehr als eine Absichtserklärung sind, noch recht schwammig, zumal alle Maßnahmen zur Verbesserung der Flüchtlingslage auf Freiwilligkeit beruhen. Wie die Außengrenzen besser geschützt werden könnten, darüber gab es keinen Beschluss. Eine diesbezügliche Lösung steht aus. Konkret bedeutet dies für Seehofer und die CSU, wenn sie ihren Worten Taten folgen lassen würden, sie müssten an den bayerischen Grenzen Flüchtlinge, die in einem anderen EU-Land bereits registriert wurden, zurückweisen.

Um dem entgegenzuwirken und beim Streit mit der CSU einzulenken, findet sich in der Gipfelerklärung nun ein Passus, der die sogenannte Sekundärmigration (siehe oben) als Gefährdung für das europäische Asylsystem bezeichnet und die Mitgliedstaaten auffordert, sie zu verhindern. Die Frage der Umsetzung bleibt jedoch offen.

Nüchtern betrachtet ist das Ergebnis des Gipfels zwar nicht das Gelbe vom Ei, zumal der Beschluss die Umsetzung von geeigneten Maßnahmen auf unbestimmte Zeit in die Zukunft verschiebt, aber alles in allem immerhin ein kleiner Lichtblick. Vor allem dahingehend, dass sich die EU nicht weiter spaltet, was durch einen Alleingang Merkels nur forciert worden wäre. Merkel hat dadurch lediglich einen Scheinerfolg erstritten, einen Pyrrhussieg errungen, um Zeit zu gewinnen. An der Sache wird sich vorerst kaum etwas ändern.

weitere Quellen: https://www.afp.com/de/nachrichten/26/eu-gipfel-verschaerft-nach-hartem-ringen-kurs-der-fluechtlingspolitik-doc-16t9vd12