Freimaurer und Kirche

Angefangen haben die Verleumdungen der Freimaurer mit der Veröffentlichung der päpstlichen Bulle „in Ementi“ vom 25. 4. 1738 durch Papst Clemens XII. Papst Clemens sah in den Freimaurern Widersacher seiner Kirche, von der er mit allen Mitteln Schaden abwenden wollte.

Keine Kirche kann es sich leisten, auf den Prüfstand gestellt zu werden, kann ein kritisches Hinterfragen ihrer dogmatischen Entscheidungen dulden, wenn sie nicht Gläubige verlieren und an Macht einbüßen will. Gewisse Gesellschaften, wie die Freimaurer hätten sich zusammengeschlossen und seien ein geheimnis¬volles Bündnis eingegangen, um sich an gefährlichen Aktionen gegen Staat und Kirche zu beteiligen. Denn wer das Licht scheue, habe nur Bosheit und Verderbtheit im Sinn. Jeder Beitritt zu dieser Vereinigung wurde mit Exkommunikation bestraft, so Clemens.

Wie im vorhergehenden Artikel beschrieben, resultierte diese Abneigung, ja dieser Hass auf die Freimaurer, einerseits aus der undurchsichtigen Geheimhaltung ihrer Treffen, die man als konspirativ ansah und andererseits aus dem Toleranzgedanken und dem Streben nach individueller und kollektiver Freiheit. Diesen Hass nagelten die Kirchenväter an dem Satz Die Maurer sind nur zu der Religion verpflichtet, in der alle Menschen übereinstimmen fest, der aus den Alten Pflichten stammt und damit der katholischen Kirche ihren Anspruch auf Besitz der alleinigen Wahrheit abspricht.

Die tolerante Haltung der Freimaurer, jedem Bruder sein individuelles Recht auf Religionsausübung zuzubilligen, fiel dabei nicht in die Waagschale. Während die Freimaurerei den Glauben und die Kirchenzugehörigkeit als Privatangelegenheit respektiert, trifft dies im umgekehrten Fall nicht zu. Der Kampf gegen die Freimaurer nach Papst Clemens ging weiter und die Folgepäpste hielten sich strikt an den ‚Bannspruch’ über die Freimaurer. Umso mehr, weil diese als Mitinitiatoren der französischen Revolution galten und im Zuge der Aufklärung 1789 die Menschenrechtserklärung unterschrieben, wodurch sie zu einer ernsthaften Gefahr für totalitäre Systeme wie Kirche und Staat avancierten.

Schon dreimal hatte die katholische Kirche ein Desaster mit liberal orientierten und anders denkenden Gruppierungen erlebt, die die Grundfesten der katholischen Kirche zum Wanken brachten, einmal die Katharer, dann die Templer und zuletzt Martin Luther. Zu tief saß die Angst, als dass man es sich hätte erlauben können, ein viertes Mal ähnlichen Strömungen ausgesetzt zu sein.

Gezielt machte sich der Klerus die Gerüchteküche zunutze, in denen die Freimaurer beschuldigt wurden, ketzerische Messen zu feiern wobei Tiere und neugeborene Kinder geopfert würden. Von den Kanzeln predigten hasserfüllte Geistliche, der Teufel selbst wohne den Zusammenkünften der Freimaurer bei. Diese Anschuldigungen waren für die Inquisition Grund genug, gegen die Freimaurer vorzugehen. Besonders in Spanien und Portugal verfolgten Inquisitoren die Freimaurer, inhaftierten, folterten und töteten sie schließlich. Freimaurer wurden mit Hexen gleichgestellt und öffentlich auf Scheiterhaufen verbrannt. Der Hintergrund dieser Verfolgung war allerdings weniger religiöser Natur, sondern diente vielmehr dazu, an das Vermögen der Logenbrüder zu kommen.

Der 1864 von Pius IX. veröffentlichte „Syllabus (Sammlung)“ der modernen Irrtümer wird allgemein als eine Kampfansage an die Moderne angesehen. Parallel mit Pantheismus, Rationalismus, Liberalismus und Sozialismus werden auch die Geheimbünde, wie die der Freimaurer, als Feinde der röm.-katholischen Kirche genannt. Ein Jahr später verdammte Papst Pius IX. die Freimaurerei am 25. September 1865 in einer Rede an die zu Rom versammelten Kardinäle. Er hat darin nicht nur den Bruderbund der Freimaurer als solchen verdammt, sondern auch jeden einzelnen der katholischen Logenbrüder mit dem kirchlichen Bann bedroht.

Papst Benedikt XV (1851 – 1922): Der Codex 1917 bestrafte im Canon 2335 jene Katholiken, die sich den Freimaurern oder anderen Vereinen anschlossen, die sich gegen die Kirche oder die legitime staatliche Obrigkeit richteten, mit der Exkommunikation. Canon 542 versagte den Freimaurern den Eintritt in Ordens¬gemein¬schaften. Canon 693 sah ein Mitgliederverbot für Freimaurer in religiöse Vereinigungen vor. Canon 1399 ordnete an, dass ein irrtümlich beerdigter Freimaurer wieder auszugraben und an einem ungeweihten Ort zu verscharren sei. Es bestand ein Verbot für Katholiken, an der Mitwirkung zur Verbreitung freimaurerischer Schriften beteiligt zu sein.

Während seit dem Jahr 1918 die Freimaurer vom Vatikan aus der Kirche ausgeschlossen wurden, änderte sich die Haltung bis in die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts zögerlich. Den ersten Schritt unternahm in den 1960er Jahren Papst Johannes XXIII. im Zweiten Vatikanischen Konzil. In diesem bekannte sich die katholische Kirche in aller Form zu Religionsfreiheit und Toleranz, zu den Menschenrechten, zur Ökumene der christlichen Kirchen, zu einer neuen Einstellung zum Judentum, zum Islam und den anderen Weltreligionen, ja zur säkularen Welt überhaupt.

1970 kam es auf Initiative des Wiener Erzbischofs Kardinal Franz König zu einem ersten vorsichtigen Dialog zwischen den Freimaurern und der katholischen Kirche, der in der sogenannten Lichtenauer Erklärung (siehe weiter unten) manifestiert wurde. Aber erst 1972 erklärte sich die Kirche bereit, die Exkommunizierungen für Katholiken, die der Freimaurerei angehörten, zurückzunehmen. Allerdings ließ sie verlauten: Autoritäten der Ortskirche steht es nicht zu, sich über das Wesen freimaurerischer Vereinigungen in einem Urteil zu äußern, das das oben Bestimmte außer Kraft setzt, und zwar in Übereinstimmung mit der Erklärung dieser Kongregation vom 17. Februar 1981 (vgl. AAS 73/1981; S. 240-241).

Auf Grund dieses Verständnisses wurde 1983 im Rahmen der Neukodifizierung die Exkommunikation der Freimaurer im Codex Juris Canonici (CIC, Kodex des kanonischen Rechts) gestrichen und in der Apostolischen Konstitution „Sacrae Disciplinae Leges“ am 25. Januar 1983 verkündet.“ Der novellierte CIC trat am 27. November 1983 in Kraft. Zwar werden die Freimaurer hier nicht explizit genannt, wie im Codex von 1917, aber geändert hat sich dennoch nichts. Der damalige Kardinal Joseph Ratzinger stellte einen Tag vor in Kraft treten des novellierten CIC, am 26. November 1983, in seiner Funktion als Präfekt der Glaubenskongregation im Widerspruch zur „Lichtenauer Erklärung“ folgendes fest: Ein Katholik, der zum Freimaurer wird, begebe sich weiterhin in den Stand der schweren Sünde und sei von der Eucharistie ausgeschlossen. Die grundsätzliche Unvereinbarkeit von Freimaurerei und katholischer Kirche bestehe ebenfalls im neuen Codex Iuris Canonici (CIC) weiter, ohne jedoch ausgesprochen zu sein.

Später als Papst Benedikt XVI hielt Ratzinger sehr viel von seinem Namensvorgänger und vertiefte die Kluft zwischen Freimaurerei und katholischer Kirche weiter, indem er die Aufhebung der Exkommunizierung für Freimaurer aus den 80er Jahren rückgängig machte. Das negative Urteil der Kirche über die freimaurerischen Vereinigungen bleibt also unverändert, weil ihre Prinzipien immer als unvereinbar mit der Lehre der Kirche betrachtet wurden und deshalb der Beitritt zu ihnen verboten bleibt. Die Gläubigen, die freimaurer¬ischen Vereinigungen angehören, befinden sich also im Stand der schweren Sünde und können nicht die heilige Kommunion empfangen.

Der Erzbischof von Canterbury, Rowon Williams, bezeichnete am 15. November 2002 in der Times und im INDEPENDENT die Freimaurerei als satanisch, sie sei mit dem Christentum unvereinbar und kein Kirchenmitglied Englands könne Doppelmitglied sein. Für Freimaurer sei kein Platz in der Kirche, so Williams.
In den „Blauen Blätter“ von Sept. 2003, einem Wiener Freimaurer-Magazin wird Dr. Knittel vom Kirchenrektorat St. Pölten zu seinem Vortrag „Katholische Kirche und Freimaurerei“ mit folgenden Worten zitiert: Das Reich des Bösen in dieser Welt tritt uns meist unter dem Schein des Guten entgegen. Wobei er diesen Spruch auf die Freimaurerei münzt.

Die konservative Anglikanische Synode der Diözese Sydney, Australien, hat eine Resolution erlassen, wonach Freimaurer vom Gottesdienst und vom Gebrauch der Sakramente ausgeschlossen werden .
Sehr positiv äußerte sich Prof. Dr. Hans Küng über die Freimaurer in einer Dankesrede auf dem Großlogentag 2007, wo man ihm den Kulturpreis Deutscher Freimaurer verlieh.